Rechtsanwältin Jutta Gass Gerbereistraße 2 55469 Simmern Tel: 06761 14785 Fax: 06761 14786   info@anwaltskanzlei-gass.de

Kann der Arbeitgeber einen Corona-Test verlangen?

Kann der Arbeitgeber einen Corona-Test verlangen?

Ein einziger infizierter Mitarbeiter kann ein ganzes Unternehmen lahmlegen. Grund genug für Arbeitgeber, einen Corona-Test zu verlangen?

Für Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten ist ein Corona-Test seit Ende Juli ohnehin Pflicht. Ob das flächendeckend klappt, wird sich erst noch zeigen.

Darf auch der Arbeitgeber einen Test von seinen Arbeitnehmern verlangen?

Der Arbeitgeber braucht ein besonderes Interesse dafür. Er kann zum Beispiel nicht sagen, er will von allen seinen Mitarbeitern einen Corona-Test.

Stellt sich die Frage, wann ein solches berechtigtes Interesse vorliegt: Das sei dann der Fall, wenn es Anhaltspunkte gibt, dass eine erhöhte Infektionsgefahr vorliegt, bei einer globalen Pandemie, ist die Infektionsgefahr aber quasi überall erhöht.

Urlaub im Risikogebiet
Maßgeblich sei, dass der Arbeitgeber keine eigene Bewertung dessen vornimmt, was er für eine erhöhte Infektionsgefahr hält. Vielmehr müsse er bei seinen Entscheidungen die Maßnahmen der Behörden berücksichtigen. Also etwa die der Landesbehörden, die zum Beispiel Quarantäneverordnungen erlassen oder aber die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI).

Gemeinsam mit der Bundesregierung legt das RKI zum Beispiel fest, welche Staaten als Risikogebiete gelten. Kehren Arbeitnehmer dann von dort aus dem Urlaub zurück, könne der Arbeitgeber einen Test verlangen.

Außerdem kann man noch drüber diskutieren, welche Schutz- und Fürsorgepflichten der Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern hat. Besteht eine erhöhte Ansteckungsgefahr für andere Arbeitnehmer, weil ein Mitarbeiter zum Beispiel aus einem Land zurückkehrt, für das eine Reisewarnung gilt, könnte der Arbeitgeber einen Corona-Test verlangen.

Gibt es jedoch grundsätzlich eine Vereinbarung und die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice hat der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse, einen Test zu verlangen.

Ein Gemeinschaftskonto ist nicht immer von Vorteil

Ein Gemeinschaftskonto ist nicht immer von Vorteil

Ein Gemeinschaftskonto ist praktisch: Paare können damit ihre alltäglichen Ausgaben zusammen begleichen. Doch ganz ohne Risiken ist das nicht. Vertrauen ist gut, aber Kontrolle manchmal besser.

Wenn Paare zusammenziehen oder heiraten, teilen sie viele Ausgaben für ihren Haushalt. Meist finanzieren sie Miete, Versicherungen, Internet und Lebensmittel zusammen. Ein Gemeinschaftskonto kann den Überblick erleichtern.

Uneingeschränkter Zugriff oder nicht?
Ein Gemeinschaftskonto gibt es in zwei Varianten: als Und-Konto und als Oder-Konto. Beim Und-Konto darf keiner der Partner alleine über das Konto verfügen. Beide müssen sämtliche Auszahlungen und Transaktionen unterschreiben.

In der Praxis üblicher ist ein Oder-Konto. Hierbei können die Partner jederzeit unabhängig voneinander uneingeschränkt auf das Konto zugreifen und auch über das Guthaben verfügen.

Für ein Oder-Konto spricht: Es ist möglich, etwa im Falle eines Vertrauensverlustes die Einzelverfügungsberechtigung zu widerrufen.  Das hat zur Folge, dass Kontoinhaber dann nur noch gemeinsam über das Konto verfügen können.

So oder so haften bei beiden Varianten die Kontoinhaber gegenüber der Bank gesamtschuldnerisch. Das heißt: Wenn das Konto überzogen wird – ob gemeinschaftlich oder im Fall eines Oder-Kontos alleine – kann die Bank von jedem Kontoinhaber die Rückzahlung des Betrags verlangen.

Bei Schulden besteht kein Pfändungsschutz
Auch wenn ein Kontoinhaber einem Dritten Geld schuldet, kann dies zum Problem werden. Nach aktuell geltendem Recht gibt es auf Gemeinschaftskonten keinen Pfändungsschutz. Der gesetzliche Pfändungsschutz ist nur bei einem P-Konto gewährleistet – und das kann man nur als Einzelkonto führen.

Im Ergebnis heißt das, dass das gesamte Guthaben auf dem Gemeinschaftskonto dem Pfändungsbeschlag unterliegt. Nur auf Antrag im Härtefall und meist nur teilweise könne dies wieder aufgehoben werden.

Ein solcher Antrag ist aber nur ein „Notnagel“ und führt nicht immer zum Erfolg.

Wer solchen Fallen aus dem Weg gehen will, kann sich für ein Drei-Konten-Modell entscheiden. Dabei haben beide Partner auch ein eigenes Konto. „Für gemeinsame Ausgaben wie etwa Miete, Strom und Wasser führen sie ein Gemeinschaftskonto, auf das jeder monatlich einen Betrag überweist“, erklärt Urban.

Mit einer Vollmacht für den Notfall vorsorgen. Letztendlich können beide Partner auch eigene Konten führen. Getrennte Kassen mögen unromantisch sein, helfen womöglich aber, Streit und Probleme zu vermeiden.

Allerdings lässt sich dann im Notfall natürlich nicht ohne Weiteres auf das Einzelkonto des Partners zugreifen. Das kann zum Beispiel im Falle eines Unfalls oder einer schweren Krankheit zu Problemen führen.

Besser ist mit einer Kontovollmacht vorzusorgen. Diese Vollmacht können sich Partner gegenseitig erteilen. So kann ein Partner im Notfall die Bankangelegenheiten des anderen weiter regeln. Formulare dafür gibt es bei den einzelnen Kreditinstituten.

An das Finanzamt denken. Entscheiden sich Paare doch für ein Gemeinschaftskonto, müssen sie steuerliche Fallstricke beachten. Eröffnet ein Ehepaar ein Oder-Konto, kann der Fiskus dies als steuerpflichtige Schenkung werten, wenn einer auf dem Konto mehr als der andere einzahlt.

Um dies zu verhindern, sollten Ehepaare schriftlich vereinbaren, dass das Führen des Oder-Kontos keine steuerpflichtige Schenkung ist – und diese Vereinbarung dem Fiskus bei Bedarf vorlegen.

Und es gibt noch etwas bei Thema Steuern zu berücksichtigen: Stirbt ein Ehegatte, rechnet die Finanzverwaltung grundsätzlich die Hälfte des Kontoguthabens dem Nachlass zu. Mit anderen Worten: 50 Prozent des Guthabens gehören zur Erbmasse.

Gemeinschaftskonten sind nicht nur für Paare, Verheiratete oder Lebenspartner eine Option. Auch Geschäftspartner oder zum Beispiel Erbengemeinschaften können dieses Modell nutzen. Aus Sicherheitsgründen sollte man dann ein Und-Konto eröffnen, damit nicht einer der Kontoinhaber das gesamte Guthaben abräumen kann.

Auslegung des Betriebskostenbegriffs im Gewerberaummietvertrag

Auslegung des Betriebskostenbegriffs im Gewerberaummietvertrag

BGH, Urteil vom 8. April 2020 – XII ZR 120/18

Tenor:

a) Wie jede schuldrechtliche Vereinbarung muss diejenige über eine Betriebskostenumlage bestimmt oder zumindest bestimmbar sein, um wirksam zu sein. Weitergehende Anforderungen an die Transparenz einer individualvertraglichen Betriebskostenvereinbarung bestehen hingegen anders als bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 2. Mai 2012 – XII ZR 88/10).

b) Der in einem Gewerberaummietvertrag verwendete Begriff „Betriebskosten“ erfasst dann, wenn sich kein übereinstimmendes abweichendes Begriffsverständnis der Vertragsparteien feststellen lässt, auch ohne weitere Erläuterungen alle zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in die gesetzliche Definition nach § 556 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB iVm § 2 BetrKV einbezogenen Kostenarten (Fortführung von BGH Urteil vom 10. Februar 2016 – VIII ZR 137/15).

c) Einer einzelvertraglichen Vereinbarung, wonach der Mieter sämtliche Betriebskosten zu tragen hat, fehlt es im Bereich der Gewerberaummiete nicht an der für eine Vertragsauslegung erforderlichen Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit.

d) Eine solche Regelung erfasst auch dann alle von der Betriebskostenverordnung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgelisteten Kostenarten, wenn sich ihr eine mit „insbesondere“ eingeleitete Aufzählung einzelner Kostenarten aus dem Katalog anschließt.

BGB §§ 133 B, C, 157 C, 556 Abs. 1 Satz 2 und 3; BetrKV § 2

Hintergrund des Verfahrens:

Mit dem Urteil hat der BGH entschieden, dass der Begriff Betriebskosten auch ohne weitere Erläuterungen im Gewerbemietvertrag alle zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Kostenarten nach §§°556 Abs.1 Satz 2 und 3 iVm § 2 BetrKV erfasst. Eine Vereinbarung, wonach der Mieter sämtliche Betriebskosten zu tragen hat, fehlt es nicht an der für eine Vertragsauslegung erforderlichen Bestimmtheit.

In dem zu entscheidenden Fall klagte der Vermieter gegen seine Gewerberaummieterin auf Zahlung der Betriebskostenart Grundsteuer. Der 1990 geschlossenen Vertrag enthielt folgende Regelung:

„Sämtliche Betriebskosten werden von dem Mieter getragen. Hierunter fallen insbesondere die Kosten der Be- und Entwässerung sowie der Heizungs- einschließlich Zählermiete und Wartungskosten.“

Die jährlichen Betriebskostenabrechnung enthielt bis einschließlich 2011 keine Grundsteuerbeträge.

Der BGH führt zunächst aus, dass es sich um eine Individualvereinbarung handele. Es reiche aus, dass eine solche Regelung bestimmbar sei. Weitere Anforderungen an die Transparenz seien anders als bei AGB nicht zu stellen. Insbesondere sei nicht zu prüfen, ob die Regelung den Mieter unangemessen benachteilige. Damit stellt der BGH sein Urteil vom 2. Mai 2012, XII ZR 88/10 klar. Ob eine bestimmte Betriebskostenart durch die Individualvereinbarung auf den Mieter umgelegt werden könne, sei durch Vertragsauslegung zu ermitteln. Dabei sei, im Gegensatz zur AGB, bei der eine objektive Auslegung geboten sei, der wirkliche Wille der Erklärenden maßgeblich. Es sei vom Wortlaut der Erklärung, aber auch von dem mit der Vereinbarung verfolgten Zweck, die Interessenlagen der Parteien und andere Begleitumstände auszugehen. Da der Begriff Betriebskosten gesetzlich definiert sei, könne bei der Auslegung regelmäßig auf diese Definition zurück gegriffen werden. Es komme nicht darauf an, ob die die Definition enthaltenen Bestimmung auch auf den Vertrag Anwendung finde. Auch im Gewerberaummietverhältnis könne auf die Definition der Betriebskosten abgestellt werden, selbst wenn § 556 BGB nicht auf diese anzuwenden sei. Insofern müsse weder auf die gesetzliche Norm, noch auf die einzelnen Kostenpositionen Bezug genommen werden.

Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht zurück verwiesen. Dieses muss nun prüfen, ob die jahrzehntelange Nichtumlage der Grundsteuer Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und Verständnis der Vertragsparteien bei Vertragsschluss haben kann. Der BGH weist aber darauf hin, dass eine bloße jahrzehntelange Nichtabrechnung einer als ursprünglich auf den Mieter umlegbaren Kostenart nur unter weiteren Umständen zu einer konkludenten Vertragsänderung führen könne.

Quarantäne und Coronavirus im Arbeitsrecht

Quarantäne und Coronavirus im Arbeitsrecht

In China und Italien werden Betriebe wegen des Coronavirus vorübergehend geschlossen. Eine Maßnahme, zu der mittlerweile auch in Deutschland gegriffen wird. Was dies für Arbeitnehmer bedeutet, lesen Sie hier:

Gegen ein paar zusätzliche Tage ohne Arbeit haben sicherlich die wenigsten Arbeitnehmer etwas einzuwenden. Der Gedanke daran, dass ihr Unternehmen wegen Auftreten des Coronavirus vorübergehend den Betrieb einstellen muss, könnte dann aber doch für Unbehagen sorgen. An erster Stelle dürfte zwar die Frage stehen, ob sich Mitarbeiter selbst angesteckt haben und wie es erkrankten Kollegen geht. Danach wäre aber sicherlich interessant, ob es denn, wenn der eigene Betrieb unter Quarantäne gestellt wird, weiter Gehalt gibt. Denn schließlich erbringt der Mitarbeiter ja keinerlei Arbeitsleistung.

Arbeitgeber müssen den Beschäftigten ihren Lohn weiterzahlen, wenn Behörden wegen des Coronavirus Betriebsschließungen veranlassen.

Kann der Arbeitgeber bei Auftreten des Coronavirus aufgrund einer behördlichen Anordnung des Infektionsschutzes Arbeitnehmer nicht beschäftigen, werden diese von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Die Erbringung der Arbeitsleistung ist ihnen unmöglich. Die ausgefallenen Arbeitszeiten müssen grundsätzlich nicht nachgearbeitet werden. Im Hinblick auf die Entgeltfortzahlung gilt, dass der Arbeitgeber grundsätzlich weiter zur Entgeltzahlung verpflichtet bleibt, wenn die Arbeitnehmer arbeitsfähig und arbeitsbereit sind, aber der Arbeitgeber sie aus Gründen nicht beschäftigen kann, die in seiner betrieblichen Sphäre liegen.

Dies begründet sich aus dem Betriebsrisiko nach Paragraf 615 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Dazu gehören auch von außen auf den Betrieb einwirkende Umstände, die sich für den Arbeitgeber als ein Fall höherer Gewalt darstellen. Gleiches gilt grundsätzlich auch für behördliche Anordnungen, die zu einem Arbeitsausfall führen. Muss ein Betrieb also aus rechtlichen Gründen aufgrund behördlicher Maßnahmen des Infektionsschutzes (zum Schutz vor einer Pandemie) vorübergehend eingestellt werden, so trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko. Die Arbeitnehmer behalten also ihren Entgeltanspruch, auch wenn sie nicht arbeiten können.

In Situationen, wo weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber den Ausfall zu vertreten haben, können Arbeitsverträge und Tarifverträge andere Regelungen beinhalten. Entsprechende Vereinbarungen müssten allerdings hinreichend deutlich und klar formuliert sein. Denkbar wäre auch ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn ein Arbeitgeber Kurzarbeit beantragt und die zuständige Arbeitsagentur den Antrag genehmigt.

Unter Umständen kann aber auch vom Arbeitnehmer verlangt werden, dass dieser auch unter Quarantäne des Betriebes oder der eigenen Person weiterarbeitet, sofern die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten (Homeoffice) besteht und dieser dazu gesundheitlich in der Lage ist. Das kann die Treuepflicht zum Arbeitgeber gebieten, muss aber im Einzelfall geklärt werden.

Ist eine Person tatsächlich krank und wird krankgeschrieben, gelten die normalen Regeln für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Man bekomme dann sechs Wochen lang sein Gehalt vom Arbeitgeber und danach Krankengeld. Wird eine Person hingegen nur vorsorglich unter Quarantäne gestellt, greift das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Das Nettogehalt kommt dann weiterhin vom Arbeitgeber. Dieser kann sich den Betrag aber später von der Behörde zurückholen, welche die Quarantäne angeordnet hat.

Beim Stromzähler in der Wohnung richtet sich die Realofferte des Stromversorgers immer an den Mieter

BGH Urteil vom 27.11.2019 – AZ. VIII 165/18

Wird der Stromverbrauch einer in einem Mehrparteienhaus gelegenen und vermieteten Wohnung über einen Zähler erfasst, der ausschließlich dieser Wohnung zugeordnet ist, richtet sich die in der Bereitstellung von Strom liegende Realofferte des Versorgungsunternehmens regelmäßig nicht an den Hauseigentümer, sondern an den Mieter, welcher durch die seinerseits erfolgte Stromentnahme das Angebot konkludent annimmt

(im Anschluss an Senatsurteile vom 2. Juli 2014 – VIII ZR 316/13 und vom 22. Juli 2014 – VIII ZR 313/13).

BGB § 133 B, § 157 C; StromGVV § 2 Abs. 2

Sachverhalt:

Die Klägerin nimmt im Gemeindegebiet von B in Schleswig-Holstein die Grundversorgung mit Strom wahr. Sie begehrt von dem Beklagten als Eigentümer eines dort gelegenen Mehrparteienhauses eine Vergütung i.H.v. rd. 360 € für Stromlieferungen im Zeitraum von Dezember 2012 bis Mai 2013 sowie Erstattung der Kosten für einen erfolglosen Sperrversuch i.H.v. rd. 48 €. Der Stromverbrauch wurde über Zähler erfasst, die jeweils einer bestimmten Wohnung in dem Anwesen zugeordnet sind. Die Stromlieferung der Klägerin betraf eine durch den Beklagten vermietete und im streitgegenständlichen Zeitraum zuletzt von den Mietern P. /A. genutzte Wohnung.

AG und LG wiesen die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Entscheidung

Das LG hat rechtsfehlerfrei einen Anspruch der Klägerin auf Vergütung für den im Zeitraum von Dezember 2012 bis Mai 2013 gelieferten Strom (§ 433 Abs. 2 BGB) sowie auf Ersatz der Kosten für den erfolglosen Versuch der Unterbrechung der Versorgung (§ 280 Abs. 2, § 286 Abs. 1 BGB, § 19 Abs. 2, 4 StromGVV)

verneint. Denn ein Stromlieferungsvertrag ist zwischen den Parteien nicht geschlossen worden. Das konkludente Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Versorgungsvertrages richtete sich bei der gebotenen Auslegung aus Sicht eines verständigen Dritten in der Position des Empfängers (§§ 133, 157 BGB) nicht an den Beklagten als Eigentümer des Mehrfamilienhauses, sondern an die Mieter der über einen eigenen Stromzähler verfügenden Wohnung.

In dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens ist grundsätzlich ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrages in Form einer sog. Realofferte zu sehen. Diese wird von demjenigen konkludent angenommen, der aus dem Leitungsnetz Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt. Aus der maßgebenden Sicht eines objektiven Empfängers stellt sich typischerweise die Vorhaltung der Energie und die Möglichkeit der Energieentnahme an den ordnungsgemäßen Entnahmevorrichtungen nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte als Leistungsangebot und damit als Vertragsangebot dar. Die Inanspruchnahme der angebotenen Leistung beinhaltet die schlüssig erklärte Annahme dieses Angebots. Empfänger der im Leistungsangebot des Versorgungsunternehmens liegenden Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrages ist dabei typischerweise derjenige, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt, was auch ein Mieter oder Pächter sein kann.

Bei der Bestimmung des Angebotsadressaten kommt es maßgebend darauf an, wer den Strom verbraucht, da der Vertrag regelmäßig gerade mit der Person begründet werden soll, die aufgrund ihrer tatsächlichen Verfügungsgewalt in der Lage ist, die offerierte Energie auch zu entnehmen, mithin hierdurch das Angebot (konkludent) anzunehmen. Ist eine Wohnung vermietet, hat diese Möglichkeit typischerweise der Mieter. In Anwendung dieser Grundsätze hat das LG vorliegend rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Versorgungsvertrag bzgl. des Stromverbrauchs, der über einen separaten, der vermieteten Wohnung zugeordneten Zähler erfasst worden ist, nicht mit dem Beklagten als Grundstückseigentümer zustande gekommen ist. Dieser war nicht Adressat des in der Zurverfügungstellung von Strom liegenden Realofferte der Klägerin. Deren Angebot richtete sich vielmehr an die Mieter der Wohnung.