Rechtsanwältin Jutta Gass
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Überblick über die Formerfordernisse bestimmter Scheidungsfolgen

Überblick über die Formerfordernisse bestimmter Scheidungsfolgen

Folgende Scheidungsfolgenvereinbarungen sind formbedürftig:

1.
Vereinbarungen über den Zugewinnausgleich bedürfen der notariellen Beurkundung (§ 1378 Abs III S. 2 BGB, § 7 LPartG). Beispiel: Vereinbarung, dass der ausgleichspflichtige Ehegatte die Zugewinnausgleichsforderung in Teilbeträgen bezahlen kann oder der ausgleichsberechtigte Ehegatte auf einen Teil der Forderung verzichtet.

2.
Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich sind formbedürftig (§ 7 VersAusglG, § 20 LPartG).

3.

Die Übertragung von Immobilieneigentum, das einem Ehepartner allein oder anteilmäßig gehört, muss notariell beurkundet und ins Grundbuch eingetragen werden (§ 311b BGB). Das Formerfordernis ist auch dann maßgebend, wenn sich der Ehegatte zunächst nur verpflichtet, das Eigentum an einer Immobilie irgendwann später auf den anderen Ehegatten zu übertragen.

4.
Beabsichtigen Sie bereits vor Rechtskraft der Scheidung den nachehelichen Unterhalt zu regeln, verlangt das Gesetz die notarielle Beurkundung (§ 1585c BGB, § 16 LPartG). Erst nach Rechtskraft der Scheidung entfällt der Formzwang. Dann können Sie formlos vereinbaren, was Sie als nachehelichen Unterhalt für richtig erachten.

5.
Sie können auch Vereinbarungen über das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht treffen. Zwar steht dem geschiedenen Ehegatten kein Erbrecht oder Pflichtteilsrecht mehr zu. Diese Rechte sind bereits dann ausgeschlossen, wenn im Zeitpunkt des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren (u.a. Trennungsjahr) und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hat. Ein Problem kann dann entstehen, wenn nur der hinterbliebene Ehegatte den Scheidungsantrag gestellt hat. Dann bleibt sein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht nämlich bestehen. Es liegt dann nicht immer im Sinne des verstorbenen Ehegatten, dass der andere sich scheiden lassen will und trotzdem erben soll. Allein die Trennung berührt das gegenseitige Erb- und Pflichtteilsrecht jedenfalls nicht. Die Ehegatten können daher vorsorglich notariell vereinbaren, dass sie auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht am Nachlass des jeweils anderen Ehegatten verzichten. Erb- und Pflichtteilsverzicht müssen notariell beurkundet werden

Das neue Güterrecht für Ehen in der EU

Das neue Güterrecht für Ehen in der EU

Die Menschen werden mobiler, Familien und Ehen internationaler. Die EU hat das eheliche Güterrecht vereinheitlicht. Damit soll bei der Scheidung von Paaren mit unterschiedlichen Pässen und gemeinsamem Vermögen der Krach ums Geld verhindert werden.

Wie wird im Fall der Scheidung unser eheliches Vermögen aufgeteilt? Die Suche nach einer Antwort sorgt zwischen zerstrittenen Paaren für zusätzlichen Zündstoff.

Besonders, wenn wegen unterschiedlicher Nationalitäten unterschiedliches Recht angewandt werden kann. Die neue Güterrechtsverordnung der Europäischen Union (EU) will Abhilfe schaffen. Fragen und Antworten zur neuen Regel:

Für wen gilt die EU-Güterrechtsverordnung?

Sie ist seit dem 29. Januar 2019 in Kraft. Deshalb gilt sie automatisch für alle Paare, die seit diesem Datum geheiratet haben. Voraussetzung ist, dass die Ehe einen sogenannten Auslandsbezug hat. Der ist gegeben, wenn die Partner unterschiedliche Staatsangehörigkeit haben, der Wohnsitz in verschiedenen Ländern liegt oder sie Vermögen im Ausland haben.

Die einheitliche Verordnung wenden 18 der 28 EU-Staaten an.

Was regelt die Verordnung und was nicht?

Bei binationalen Ehen oder Eheschließungen im Ausland musste bislang geklärt werden, ob deutsches oder anderes nationales Recht anzuwenden ist. Die neue Vorgabe klärt, welche Rechtsordnung für das sogenannte eheliche Güterrecht greift und welches Gericht zuständig ist.

Scheidung, Unterhalt, Versorgungsausgleich, Sorgerecht für Kinder – all das erfasst die Vorgabe allerdings nicht. Sie bezieht sich ausschließlich auf den Güterstand.

Was hat sich geändert?

Bisher galt vorrangig gemeinsames Heimatrecht zum Zeitpunkt der Heirat. Waren beide Partner Italiener, galt italienisches Güterrecht. Seit Ende Januar spielt die Staatsangehörigkeit nur noch eine untergeordnete Rolle. Stattdessen unterliegen beide Ehegatten dem Recht an ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsort.

In der Praxis zählt in der Regel der erste gemeinsame Wohnsitz. Für ein deutsches Paar zum Beispiel, das direkt nach der Hochzeit nach Brüssel geht, greift automatisch belgisches Recht. Für ein österreichisch-niederländisches Paar in München würde etwa deutsches Güterrecht gelten. Auch dann, wenn einer der Partner in der Trennungsphase in seine Heimat zurückkehrt.

Was heißt erster gemeinsamer Aufenthalt?

Das ist gleich Leben in der gemeinsamen Wohnung. Wie viele Tage, Wochen oder Monate Eheleute unter einem Dach wohnen sollen, um das Kriterium „erster gemeinsamer Aufenthalt“ zu erfüllen, lässt die EU-Verordnung jedoch offen. Das muss erst noch in der Praxis vor Gericht geklärt werden, wenn ein Paar sich trennt.

Ist die Verordnung bindend oder gibt es andere Optionen?

Die EU-Regel gilt innerhalb der 18 Staaten, die die Verordnung anwenden. Eheleute können sich aber per Rechtswahl auf eine andere Lösung einigen. Dazu brauchen sie einen Ehevertrag. In dem Dokument legen sie selbst fest, welches nationale Güterrecht angewendet werden soll. Es besteht die Wahl zwischen dem Recht eines der Heimatstaaten und dem Recht des Landes, in dem beide oder ein Partner zum Zeitpunkt der Wahl üblicherweise leben.

Neue Düsseldorfer Tabelle ab 2019

Neue Düsseldorfer Tabelle ab 2019

Die neue Düsseldorfer Tabelle können Sie über folgenden Link abrufen:

http://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/Tabelle-2019/Duesseldorfer-Tabelle-2019.pdf

Familienrecht

Bei elterlichem Streit über die Kinderbetreuung bestand bisher Uneinigkeit darüber, ob das Familiengericht dieses Betreuungskonzept auf Antrag eines Elternteils gegen den Willen des anderen anordnen darf.

Mit Beschluss vom 01.02.2017 hat der Bundesgerichtshof diese Frage nun bejaht.

Verfahrensgang:
Bei den Verfahrensbeteiligten handelt es sich um geschiedene Eltern, die sich das Sorgerecht für ihren im Jahre 2003 geborenen Sohn teilen. Bislang lebte der Sohn überwiegend bei der Mutter, besuchte seinen Vater jedoch aufgrund einer im Jahre 2013 getroffenen Umgangsregelung alle 14 Tage an den Wochenenden (sog. Residenzmodell). Der Umgang während der Ferienzeiten sollte von Mal zu Mal einvernehmlich geregelt werden.

Im Rahmen des Verfahrens strebte der Vater eine neue Umgangsregelung an, die es ihm ermöglicht, seinen Sohn jede zweite Woche vollständig zu sich zu nehmen und auch die Ferienzeiten und Feiertage in gleichem Umfang wie die Kindesmutter mit ihm zu verbringen (sog. Wechselmodell). Das Amtsgericht Schwabach (Beschl. v. 10.09.2015 – 1 F 280/15) wies den Antrag jedoch zurück, die hiergegen bei dem OLG Nürnberg eingelegte Beschwerde blieb erfolglos (Beschl. v. 09.12.2015 – 11 UF 1257/15). Zur Begründung seiner Entscheidung führte das OLG Nürnberg an, das Wechselmodell könne aus rechtlichen Gründen nicht angeordnet werden, weshalb auch von einer persönlichen Anhörung des Kindes abgesehen worden sei. Das Umgangsrecht diene nicht der gleichberechtigten Teilhabe beider Eltern am Leben ihrer Kinder, sondern solle es dem Elternteil, bei dem das Kind nicht lebe, ermöglichen, die Entwicklung des Kindes zu verfolgen, die Beziehung zu ihm aufrecht zu erhalten und einer Entfremdung vorzubeugen. Umgangsanordnungen müssten ihre Grenze spätestens dort finden, wo sie zu einer Änderung oder Festlegung des Lebensmittelpunkts des Kindes führten. Dies sei jedenfalls bei Anordnung des Wechselmodells der Fall sei (OLG Nürnberg aaO). Gegen diese Entscheidung legte der Kindesvater mit Erfolg Rechtsbeschwerde ein.

Die Entscheidung des BGH
Zur Begründung seiner stattgebenden Entscheidung verwies der BGH auf die Vorschrift des § 1684 BGB (vgl. Beschl. v. 01.02.2017 – XII ZB 601/15). Dort heißt es wie folgt:

(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. (…)

(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. (…)

Ferner verwies das Gericht auf die Vorschrift des § 159 Absatz 1 FamFG, wonach ein Kind, welches das 14. Lebensjahr vollendet hat, persönlich anzuhören ist. Dies gilt gem. Absatz 2 der Vorschrift auch für ein jüngeres Kind, wenn die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes für die Entscheidung von Bedeutung seien oder eine persönliche Anhörung aus sonstigen Gründen angezeigt sei. Die Neigungen, Bindungen und der Kindeswille seien nach gewichtige Gründe des Kindeswohls, so der BGH. (BGH aaO).

Seiner Auffassung nach lasse sich aus der Vorschrift keine gesetzliche Festlegung auf das Residenzmodell ableiten. Dass sich die gesetzliche Regelung an dem Modell orientiere, ließe nur den Rückschluss zu, dass der Gesetzgeber die praktisch häufigste Gestaltung als Ausgangspunkt gewählt habe. Es bedeute nicht, dass er das Residenzmodell als ein – andere Betreuungsmodelle ausschließendes – gesetzliches Leitbild festlegen wollte.

Eine zum Wechselmodell führende Umgangsregelung stehe auch mit dem gemeinsamen Sorgerecht im Einklang. Mutter und Vater seien gleichberechtigte Inhaber der elterlichen Sorge, dementsprechend halte sich die in diesem Modell praktizierte Betreuung in dem vorgegebenen Kompetenzrahmen.

Entscheidung nach Lage des Einzelfalls
Folglich sei über die Anordnung des Wechselmodells nach Lage des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden. Wichtigster Maßstab sei dabei das Kindeswohl unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Eltern. Zentrale Gesichtspunkte des Kindeswohls stellten laut BGH bislang die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie Beachtung des Kinderwillens dar. Die Kindeswohldienlichkeit des Wechselmodells setze zudem die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern voraus. Ein Konsens der Eltern über die Betreuung des Kindes im Wechselmodell sei hingegen keine Voraussetzung.

Voraussetzungen der gerichtlichen Anordnung des Wechselmodells
Nach alledem sei das Wechselmodell anzuordnen, wenn die geteilte Betreuung durch beide Eltern im Vergleich mit anderen Betreuungsmodellen dem Kindeswohl im konkreten Fall am besten entspreche. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass der Umgang des Kindes mit beiden Elternteilen zum Wohl des Kindes gehöre. Jedoch stelle das Wechselmodell höhere Anforderungen an die Eltern und das Kind, das bei doppelter Residenz zwischen zwei Haushalten pendele und sich auf zwei hauptsächliche Lebensumgebungen ein- bzw. umzustellen habe. Vor diesem Hintergrund sei aufseiten des Kindes das Wechselmodell nur in Betracht zu ziehen, wenn eine auf sicherer Bindung beruhende tragfähige Beziehung zu beiden Elternteilen bestehe. Zwischen den Eltern ergebe sich ein erhöhter Abstimmungs- und Kommunikationsbedarf, der geeignete äußere Rahmenbedingungen, so etwa eine gewisse Nähe der elterlichen Haushalte, die Erreichbarkeit von Schule und Betreuungseinrichtungen und eine entsprechende Kooperations- und Kommunikationsbereitschaft der Eltern voraussetze.

Im vorliegenden Falle vermochte der BGH jedoch keine abschließende Entscheidung nach vorstehenden Grundsätzen zu treffen, da das betroffene Kind weder im Rahmen des erst-, noch des zweitinstanzlichen Verfahrens angehört worden war. Vor diesem Hintergrund hob der BGH die Entscheidung des OLG Nürnberg auf und verwies das Verfahren dorthin zurück.

Fazit:
Das Wechselmodell wird nach höchstrichterlicher Rechtsprechung vom Gesetz nicht ausgeschlossen und kann grundsätzlich auch gegen den Willen eines Elternteils gerichtlich angeordnet werden. Maßgeblich ist das im konkreten Einzelfall durch umfassende gerichtliche Aufklärung, welche grundsätzlich die persönliche Anhörung des Kindes beinhaltet, zu ermittelnde Kindeswohl. Darüber hinaus setzt die Anordnung des Wechselmodells eine bestehende Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft zwischen den Eltern voraus.

Familienrecht

BGH: Nichteheliche Lebensgemeinschaft

Urteil v. 4.3.2015 – XII ZR 46/13

Erbringt jemand nicht unerhebliche Arbeits- und Materialleistungen in einer von ihm und seiner mit ihm nicht verheirateten Partnerin bewohnten, im Eigentum ihrer Eltern stehenden Immobilie zu dem Zweck, sich und seiner Familie dort langfristig ein Unterkommen zu sichern, kann nicht ohne Weiteres von dem Abschluss eines Kooperationsvertrages zwischen ihm und den Eltern ausgegangen werden (Abgrenzung zu Senatsurteilen BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958, und v. 21.11.2012 – XII ZR 48/11 -, FamRZ 2013, 269).