Rechtsanwältin Jutta Gass
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Ein paar Dinge über die Scheidung!

Parallel zum Herzschmerz gilt es nun, das Leben neu zu ordnen. Neben dem Kummer wird das Ende der Ehe auch noch durch Mythen um aufwendige Gerichtsverfahren, Vermögensteilung oder auch um die Frage, wer wem wie lange Unterhalt zahlt, belastet. Hier ein paar Fakten und Vorurteile rund ums Thema:

Gehört Eheleuten nach der Hochzeit alles zur Hälfte?

Alles Hab und Gut, das ein Ehepartner vor der Heirat eigens besitzt und während der Ehe dazu erwirbt, ist auch in und nach der Ehe dessen Alleineigentum. In Deutschland gilt ohne Ehevertrag automatisch der Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Bei einer Scheidung wird für jeden Ehegatten getrennt ermittelt, welchen Zugewinn beide während der Ehe erwirtschaftet haben. Derjenige, der einen höheren Zugewinn hat, muss dem anderen die Hälfte des Mehrbetrages abgeben. Die aufwendige Berechnung dazu führe ich als Fachanwältin für Familienrecht gerne für Sie durch. Außen vor beim Zugewinnausgleich bleiben Erbschaften und Schenkungen an einen der Partner. Sie werden zum Anfangsvermögen gerechnet. Sie wirken sich nur dann beim Zugewinn aus, wenn es zu Wertsteigerungen kommt.

Allerdings ist der Zugewinnausgleich nicht zwingend. Den entliebten Eheleuten steht es grundsätzlich vollkommen frei, wie sie die erwirtschafteten Güter bei einer Scheidung verteilen. Erst bei einem Streit über die Aufteilung der Vermögenswerte wird der Zugewinnausgleich juristisch vollzogen. Zudem muss überhaupt Vermögen vorhanden sein.

Was gilt im Trennungsjahr?

Bevor eine Scheidung überhaupt vollzogen werden kann, müssen scheidungswillige Eheleute zunächst das Trennungsjahr hinter sich bringen. Nunmehr getrennt von Bett und Tisch, soll jeder für sich überprüfen, ob die Ehegemeinschaft wirklich gescheitert ist. Doch auch wenn sich mancher Ex-Partner währenddessen schon frei und ungebunden fühlt: Er oder sie ist es nicht. Rechtlich gesehen besteht die Ehe auch während des Trennungsjahres fort. Gewinnt einer der Eheleute in dieser Zeit im Lotto, zählt der Gewinn zum innerhalb der Ehe erzielten Vermögen und unterliegt somit auch dem Zugewinnausgleich. Dies hat der Bundesgerichtshof höchstrichterlich entschieden (Az.: BGH XII ZB277/12).

Was passiert mit etwaigen Schulden?

Nach der gleichen Logik haftet jeder Ehegatte ebenso alleine für die eigenen Schulden. Davon ausgenommen sind „Geschäfte des täglichen Lebens“, unter die etwa Rechnungen für Öl, Gas und Strom fallen. Auch Kosten für die gemeinsame Lebenshaltung wie Einkäufe oder Arztrechnungen zählen dazu, aber nicht etwa Darlehen, die nur von einem Ehegatten unterschrieben worden sind.

Wann ist ein Versorgungsausgleich fällig?

Scheitert eine Ehe, beginnt das große Rechnen. Neben etwaigen Unterhaltskosten und dem Aufteilen während der Ehe erworbener materieller Güter ist auch meist ein Versorgungsausgleich fällig. Es sei denn, dieser wurde nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Ist dem nicht so, werden durch das Familiengericht alle während der Ehe erworbenen Rentenansprüche beider Eheleute je zur Hälfte geteilt und miteinander verrechnet. Dies gilt für die gesetzliche wie für die private Rentenversicherung, für die betriebliche Altersversorgung und auch Pensionsansprüche aus einem Beamtenverhältnis. Bei Ehen, die nicht länger als drei Jahre gehalten haben und auch bei krassem Fehlverhalten eines Ehepartners entfällt der Ausgleich meist.

Ansonsten dient der Versorgungsausgleich dazu, Ungleichheiten im Erwerbsleben der Eheleute auszugleichen – beispielsweise wenn die Frau sich überwiegend um die gemeinsamen Kinder kümmert, kein eigenes Einkommen hat und dadurch weniger in die Rentenkasse einzahlt. Dann wird bei der Rente und beim Unterhalt per Gesetz dafür gesorgt, dass dieser Einsatz für die Familie demjenigen Partner nicht zum Nachteil gereicht.

Zu beachten ist, dass beim Versorgungsausgleich nur Ansprüche berücksichtigt werden, von denen das Gericht auch weiß. Zwar muss jeder Ehepartner dem Gericht alle Versorgungsträger nennen, bei denen er Anwartschaften hat, welche dann vom Gericht an den anderen Partner zur Kontrolle übermittelt werden. Wurde allerdings eine Anwartschaft vergessen und bleibt vom baldigen Ex-Gatten unbemerkt, führt dies nachträglich zu keiner Änderung des festgelegten Versorgungsausgleichs.

Grundsätzlich können Ehepaare aber auch eigene Vereinbarungen zur Gestaltung ihrer Altersversorgung im Falle einer Scheidung treffen. Diese müssen, um vor Gericht Bestand zu haben, von einem Notar beurkundet sein. Derart kann ein Versorgungsausgleich auch ganz ausgeschlossen werden. Allerdings wird dies vor Gericht nur dann anerkannt, wenn es einen vergleichbaren Ausgleich gibt. So soll vermieden werden, dass ein Partner stark benachteiligt wird oder im Alter staatliche Hilfe benötigt.

Muss vor der Hochzeit ein Ehevertrag geschlossen werden?

Ein Ehevertrag regelt häufig unter anderem, wie das gemeinsame Vermögen nach Auflösung einer Ehe aufgeteilt wird. Entgegen der landläufigen Meinung können Verheiratete eine solche Vereinbarung auch noch während einer Ehe besiegeln und gegebenenfalls ändern. Jeder hat und behält und verwaltet sein Vermögen, wie er will, ohne den anderen fragen zu müssen. Dringend notwendig ist ein Ehevertrag, wenn ein Ehegatte ein Unternehmen oder eine Unternehmensbeteiligung hat, Kaufmann oder Freiberufler ist oder wenn ein Ehepartner im Betrieb des anderen mitarbeitet oder beide im selben Betrieb arbeiten und nur ein Ehepartner Inhaber ist. Grundsätzlich herrscht in einem Ehevertrag Gestaltungsfreiheit. In einem gesetzlichen Rahmen. Wann der überschritten wird, ist allerdings nur vage formuliert. Unwirksam ist so ein Vertrag dann, wenn die Lasten so ungleich verteilt sind, dass sie den ehelichen Verhältnissen in keiner Weise gerecht werden. Bestimmungen dürfen nicht den „guten Sitten“ widersprechen oder zulasten Dritter gehen.

Dringend zu empfehlen sind Eheverträge ebenfalls, wenn die Partner verschiedene Nationalitäten haben. Hier sollte mindestens festgelegt werden, welches nationale Recht bei einer Trennung gilt. Gültig ist ein Ehevertrag im Übrigen nur, wenn er durch einen Notar beurkundet wird. Wird kein entsprechender Vertrag geschlossen, gilt wie beschrieben der Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Wer zu Beginn seiner Ehe hingegen Gütertrennung vereinbart hat, kann sich während dieser ohne Wenn und Aber an seinem Lottogewinn allein erfreuen, auch ohne auf das Wohlwollen des Ex-Partners angewiesen zu sein.

Muss man sich überhaupt scheiden lassen?

Nein. Aber auch wer sich trotz jahrelanger Trennung und möglicher Gütertrennung nicht scheiden lassen möchte, sollte beachten, dass der Fortbestand der Ehe mit Konsequenzen verbunden sein kann – Stichwort Erbrecht und Unterhalt.

Landen mit dem Gang zum Anwalt die Streitigkeiten langwierig und teuer vor Gericht?

Nein, nicht unbedingt. Denn Rechtsberatung rund um eine Scheidung bedeutet nicht automatisch, dass hohe Kosten für Anwalt und Gericht auf einen zukommen. Viele Angelegenheiten lassen sich ohne großen Aufwand klären. Ein jahrelanges Verfahren ist für den Anwalt weder finanziell lukrativ noch inhaltlich reizvoll. Ich möchte das Anliegen meines Mandanten möglichst zielstrebig und schnell bearbeiten. Es ist im Sinne aller, Konflikte zu deeskalieren und frühzeitig zu beenden. Wenn die Streitparteien ihre Rechte kennen, ergeben sich die besten Lösungen. Aber Eheleute können ihre Scheidung nur mit anwaltlicher Hilfe vor dem Familiengericht über die Bühne bringen.

Können Scheidungswillige einen Anwalt teilen?

Grundsätzlich ja. Allerdings darf ein Anwalt immer nur einen Ehepartner vertreten. Die andere, nicht anwaltlich begleitete Person kann an den Gesprächen teilnehmen. Jedoch erhält sie keine auf ihre Interessen zugeschnittene Beratung. Besteht über die Trennungsmodalitäten weitestgehend Einigung zwischen den Ehegatten, können diese nur die Dienste eines Anwalts in Anspruch nehmen. Eine solche Konstellation kommt infrage, wenn nicht viel geregelt werden muss und kein wesentlicher Streit besteht. Das Scheidungsverfahren gestaltet sich kostengünstiger, wenn nur ein Anwalt bezahlt werden muss. Bei einer komplexen Ausgangssituation benötigen allerdings meist beide Parteien jeweils einen Anwalt.

Ist eine Scheidung gegen den Willen des anderen erst nach drei Jahren Trennung möglich?

Nein, bereits nach einjähriger Trennung kann ein Ehegatte einen Scheidungsantrag stellen. Die scheidungswillige Partei muss den Richter dann überzeugen, dass die eheliche Lebensgemeinschaft zerrüttet ist und sich nicht wieder herstellen lässt. Im Härtefall, etwa wenn schwerer Ehebruch, schwere Misshandlungen oder Morddrohungen nachgewiesen werden, kann eine Ehe auch vor Ablauf des ersten Trennungsjahres geschieden werden.

Muss der Ehegattenunterhalt nur im ersten Trennungsjahr gezahlt werden?

Je nach der Dauer der Ehe und deren Umständen ist in der Regel auch nach Ablauf des ersten Trennungsjahres Unterhalt zu gewähren, der unter Umständen befristet werden kann. Der vermögendere Gatte muss dem wirtschaftlich Schwächeren im ersten Jahr der Trennung ohne Wenn und Aber Trennungsunterhalt zahlen. Ist dieses Jahr vorüber, hat sich der unterhaltsbedürftige Ehepartner eigenverantwortlich um Einkommensmöglichkeiten zu kümmern. Tut er das nicht, kann ihm fiktives Einkommen angerechnet werden. Es ist jedoch auch dann noch Ehegattenunterhalt zu zahlen, wenn beide in Vollzeit arbeiten und dennoch Einkommensunterschiede vorliegen.

Gilt ein Unterhaltsverzicht auf einem Bierdeckel?

Nein, einen Unterhaltsverzicht auf einer einfachen Notiz, einem Zettel oder gar einem Bierdeckel bestätigen zu lassen, ist seit Jahren vor der Scheidung nicht mehr möglich. Mittlerweile gibt es Formerfordernisse. Entweder muss der Unterhaltsverzicht von einem Notar schriftlich festgehalten oder von einem Gericht protokolliert werden.

Können Eltern zum Umgang mit ihrem Kind gezwungen werden?

Eltern stehen grundsätzlich in der Pflicht, ihr Kind zu pflegen und zu erziehen. Das gilt auch, wenn sie sich trennen. Möchte ein Elternteil jedoch partout keinen Umgang mit seinem Kind, kann es dem Kindeswohl zuwider laufen, ihn dennoch dazu zu zwingen. Da der unfreiwillige Umgang von Mutter oder Vater also schädlich für das Kind sein könnte, wird von einem Umgangszwang abgesehen. Unterhalt für das Kind muss aber in aller Regel dennoch gezahlt werden